Der Traum des Fliegens. Für viele ist er längst wahr geworden – sei es mit dem Flugzeug über den Wolken zu fliegen oder mit dem Fallschirm den Adrenalin-Kick zu spüren. Doch vor knapp 170 Jahren, als Otto Lilienthal geboren wurde, war der Menschheitstraum vom Fliegen noch in weiter Ferne. Otto stieß mit seinem außerordentlichen Erfindergeist allerdings eine rasante Entwicklung in der Luftfahrt an.
Schon im Kindesalter war Otto fasziniert von der Kunst des Fliegens. So beobachtete er in jeder freien Minute wie die Vögel ihre Bahnen in der Luft zogen. Doch Otto beließ es nicht bei den bloßen Beobachtungen. Er studierte den Flügelschlag der Vögel ganz genau und experimentierte, wie auch der Mensch mit Hilfe dieser Technik in die Luft kommen könnte.
Das Geheimnis des Fliegens zu lüften und auch den Menschen den Traum vom Fliegen zu ermöglichen, trieb Otto Lilienthal zweifelsohne an. Doch auch auf anderen Gebieten setzte der studierte Maschinenbauer erfinderische Maßstäbe. Er entwickelte beispielsweise zusammen mit seinem Bruder Gustav ein System-Spielzeug aus Bausteinen, dessen Grundzüge von Lego oder Fischer aufgegriffen wurden. Die Weiterentwicklung von Dampfmaschinen sicherte Lilienthal letztendlich finanziellen Wohlstand, sodass er sich wieder vermehrt seinen Forschungen zum Fliegen widmen konnte.
Nachdem Otto und sein Bruder die Gesetze des Fliegens im Detail verstanden hatten, übertrugen sie die Mechanismen auf selbst gebaute Flugapparate. Sie führten systematische Messungen des Luftwiderstandes durch und dokumentierten ihre Erkenntnisse. Die Zusammenhänge von Auftrieb, Anstellwinkel der Flügeltypen und Widerstand stellten die Grundlage für das „Polardiagramm“ und die Entwicklung des flach gewölbten Flügelprofils dar. Die Theorie zu dem aerodynamischen Flügelprofil setzte Lilienthal in die Tat um und baute ein Segelflugzeug, mit dem er 1889 den ersten Flugversuch wagte. Zwei Jahre später gelang ihm ein 15 Meter weiter Flug mit seinem Hängegleiter in der Nähe von Potsdam. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Luftfahrt.
Otto ließ nicht locker und entwickelte seinen Flugapparat stetig weiter, um noch höher und weiter fliegen zu können. Im Jahr 1893 stellte er mit einem 250m weiten Flug einen Rekord auf, der lange nicht gebrochen werden konnte. Angetrieben von dem Glücksgefühl, das das Fliegen bei ihm hervorrief, wollte er schließlich auch anderen Menschen den Traum vom Fliegen ermöglichen. Schon bald machte er das Fluggerät für die breite Masse flugtauglich, produzierte den „Normal-Segelapparat“ in seiner Maschinenfabrik und sicherte seine Erfindung vor Wettbewerbern durch ein Patent international ab. Schnell bekundeten Personen aus der ganzen Welt Interesse an dem Flugapparat und es fanden sich einige Käufer.
Nach insgesamt etwa 2000 Flugversuchen und umgerechnet über 5 Stunden, die Otto in der Luft verbrachte, lief plötzlich bei einem Flug am 09. August 1996 nicht mehr alles nach Plan. Eine thermische Ablösung, die Turbulenzen hervorrief, brachte das Fluggerät samt ihrem Erfinder zum Absturz. Lilienthal erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen und starb am nächsten Tag.
Otto Lilienthal setzte solche hohen Meilensteine in der Luftfahrt, dass er der wohl bedeutendste Erfinder seiner Zeit war. Durch seine Pionierarbeit auf diesem Gebiet konnte sehr vielen Menschen der Traum vom Fliegen ermöglicht werden. Zahlreiche Fluggeräte bauen auf Lilienthals Forschungen auf und wurden über die Jahre von anderen Entwicklern optimiert. Der Fortschritt im Bereich der Luftfahrt ist gigantisch, insbesondere wenn man die Entwicklung der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte betrachtet. Zum Vergleich: Noch vor 200 Jahren war es undenkbar, dass Menschen ähnlich wie Vögel in der Luft sein können. Heutzutage ist es nahezu für jedermann auf verschiedenste Weise möglich. Ganze Sportarten wie Gleitschirmfliegen oder Drachenfliegen sind entstanden. Auch in diesen Hängegleiter-Bereichen ist die Weiterentwicklung der Fluggeräte beeindruckend. Während Lilienthals Rekordflug bei 250 Metern lag, liegt heute der Flugrekord mit einem Gleitschirm bei über 500 Kilometern. Eine Flugerfahrung, die ohne Lilienthals Vorarbeit undenkbar wäre.
„Die Welt steht tief seiner Schuld“, wie der Motorflug-Pionier Wilbur Wright auf Ottos erfinderischen Meilensteine Bezug nimmt. Das sehen wir als Luftfahrt-Enthusiasten ganz genauso.